Dienstag, den 30. August 2011 11:41 Alter: 8 Jahr(e)

Ehrliche Worte von Thomas de Maiziere

Kategorie: Dresdener Land und Umgebung

VON: K.KROEMKE

Am Mittwoch, dem 17. August begann Verteidigungsminister Thomas de Maizière seine Sommertour durch seinen Wahlkreis in der Gemeinde Ebersbach. Im Kreis Meißen erhielt er bei den letzten Bundestagswahlen das Direktmandat. In seiner Eigenschaft als Bundestagsabgeordneter machte er sich bei diesem Besuch ein Bild von der Entwicklung im ländlichen Raum.

Am Nachmittag besuchte er zunächst die Agrartechnik Vertrieb Sachsen GmbH und anschließend stellte er sich in einer öffentlichen CDU-Mitgliederversammlung in Ebersbach (MEI) der Diskussion zu einem breiten Fragenspektrum - von der Betriebsgrößenkappung landwirtschaftlicher Betriebe über das Thema Transferunion bis hin zu Afghanistan.

Bürgermeisterin Margot Fehrmann im Podium mit Thomas de Maizière
Bürgermeisterin Margot Fehrmann im Podium mit Thomas de Maizière

Die CDU-Ortsgruppe Ebersbach hatte zu der öffentlichen Mitgliederversammlung eingeladen
Die CDU-Ortsgruppe Ebersbach hatte zu der öffentlichen Mitgliederversammlung eingeladen

Bernhard Bertelsmeier, Geschäftsführer der Agrartechnik, gehörte zu der „Welle der Existenzgründer," die 1990 quasi aus dem Nichts in die Marktwirtschaft stürzten. Er mietete sich in der Ebersbacher LPG ein und fing an, mit Landmaschinen und Traktoren zu handeln.

1995 kaufte er Grundstücke und Gebäude der dann schon ehemaligen LPG, baute das Hauptgebäude um, erweiterte nach und nach, baute Lagerhalle und Werkstatt und expandierte außerdem an anderen Standorten, so dass sein Vertriebsgebiet mit drei Filialen und sieben Servicebetrieben sich heute auf ganz Sachsen und das südliche Brandenburg erstreckt.

75 Mitarbeiter gewährleisten einen flächendeckenden Kundendienst, darunter 8 Auszubildende.

Zu den Kunden gehören 300 Betriebe mit über 1000 ha Landwirtschaftliche Nutzfläche - überwiegend Agrargenossenschaften - und ca. 2000 Betriebe mit geringeren Flächen - überwiegend Wiedereinrichter und andere private Landwirte.

Diese Zahlen waren auch insofern interessant, als sich vor allem die Großbetriebe wegen der anstehenden Betriebsgrößenkappung sorgen um ihre Zukunft machen, was auch in der anschließenden Versammlung gleich das erste Thema war.

Thomas de Maizière erklärte, daß diese Maßnahme Ergebnis von EU-Abstimmungen ist und sich Deutschland - trotz Bayern - eher dagegen ausgesprochen hatte. Bei dem Vorschlag, doch die Anzahl der Beschäftigten zu berücksichtigen stimmte er im Prinzip zu, wandte aber ein, daß die effizient wirtschaftenden Ostbetriebe auch da wieder im Nachteil wären.

Zum Thema Eurobonds, die eine Transferunion festschreiben würden, wiederholte er die klare Absage an diese Lösungsvariante. Auf die Frage, ob der Länderfinanzausgleich innerhalb Deutschlands nicht dasselbe sei - also der Geldtransfer von West nach Ost und von Süd nach Nord, ohne den beispielsweise auch Sachsen nicht auskommen würde, erwiderte er: „Das ist im nationalen Maßstab etwas anderes." Aber vielleicht auch nicht, denn auf die konkrete Frage, ob man damit den richtigen Weg aus der Schuldenkrise gefunden hat, sagte er ehrlich: "Wir wissen es nicht." Dies wohlgemerkt vor der massiven Kritik der beiden Altkanzler, die ihn aber auch nicht von seiner Überzeugung abbringen konnten.

Helmut Kohl hatte der Regierung vorgeworfen, keinen Plan zu haben. „Europa braucht in dieser Krise ein beherztes Zupacken und ein Paket vorausschauender, klug gewogener und unideologischer Maßnahmen, mit dem wir Europa und den Euro wieder auf einen guten Weg bringen und für die Zukunft absichern", gegenüber der Zeitschrift „Internationale Politik". Helmut Schmidt hatte ihm wenig später öffentlich beigepflichtet.

Die Finanzkrise bezeichnete er als „absolut einmalig". Keiner der so genannten Experten könne ernsthaft behaupten, er wüßte, welche Vorgehensweise die richtige sei", sagte der Minister als kenne er die Statements der beiden Exkanzler schon.

Thomas de Maizière ist Angela Merkels Allzweckwaffe. Jahrgang 54, in Bonn geboren, Sohn eines Bundeswehrgenerals und Bruder eines Bankers. Der promovierte Jurist war Mitarbeiter des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Richard von Weizsäcker und ab 1984 von Eberhard Diepgen. Von 1985 bis 1989 arbeitete er als Leiter des Grundsatzreferates der Senatskanzlei des Landes Berlin und Pressesprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. 1990 wirkte er am Aufbau des Amtes des Ministerpräsidenten der DDR mit, das sein Vetter Lothar innehatte und gehörte auch der Verhandlungsdelegation für den deutsch-deutschen Einigungsvertrag an. Er ist seit 2003 Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages. 1999 zog er nach Sachsen und bekleidete verschiedene Ämter in der Sächsischen Regierung bis ihn Angela Merkel nach Berlin rief. Von 2005 bis 2009 war er Chef des Bundeskanzleramts, bis 2011 Innenminister und am 3. März 2011 wurde er von Bundespräsident Christian Wulff zum Bundesminister der Verteidigung ernannt. Das Spektrum, zu dem de Maizière sich auch aufgrund eigener Erfahrungen äußern konnte, war entsprechend breit gefächert. Über Integration, Privatschulen, Bundesfreiwilligendienst bis hin zur verbliebenen Wehrkraft... Zu jedem Thema sprach er frei von Phrasen und leeren Worthülsen, die man von Politikern sonst so oft ertragen muss. Zum Truppenabzug in Afghanistan sagte er so klar wie es bisher noch nicht zu hören war: „Früher ging es darum, demokratische Verhältnisse in Afghanistan zu schaffen, jetzt geht es nur noch darum, stabile Verhältnisse zu schaffen."

Damit ist auch erklärt, warum die NATO den in den Drogenhandel verstricken Hamid Karsai stützt, denn die Alternative wäre ein islamistischer Gottesstaat.

Diesen gäbe es auch bei einem sofortigen Truppenanzug. Der geplante Abzugstermin 2014 sei kein willkürlicher Termin sondern ergäbe sich aus der Zeit die es dauert, die ausländischen Truppen durch einheimische zu ersetzen, wenn man nicht einfach Waffen verteilt sondern den Soldaten ein Mindestmaß an Grundausbildung angedeihen lassen will. Da seien die Anzahl der verfügbaren Ausbilder und die Kapazitäten in den Kasernen die festen Größen, aus denen sich der frühestmögliche Abzugstermin errechnen lasse.

Gerade der planlose Abzug der Sowjets aus Afghanistan habe gezeigt, wie man es nicht machen darf.

Es gab aber auch Themen, zu denen sich de Maizière nicht äußerte. Fragen zum Bau von Umgehungsstraßen etwa. „Als Bundesminister und Bundestagsabgeordneter äußere ich mich nicht zu Fragen, die den Freistaat Sachsen betreffen oder die kommunale Ebene," erklärte er. Es gäbe überall sowohl sehr gute Fachleute in den Behörden als auch demokratisch gewählte Vertreter vor Ort, die verantwortungsbewußt entscheiden und Prioritäten setzen könnten.

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