Montag, den 09. Juni 2008 10:59 Alter: 12 Jahr(e)

Goldenes Risiko – Transgener Mais um Radeburg

Kategorie: Radeburg und Umgebung

VON: JOHANNA DAVIS

Nicht alle Gentechnikgegner sehen das Problem in den biologischen Gefahren. Manche sehen vor allem die Gefahr in der Patenpolitik von Monsanto. Monsanto ist einer der größten Gefährder unseres Planeten.

Gold hat die Menschen schon immer fasziniert. Und es begegnet uns fast überall. Wer glaubt, dass es nur an der Börse, bei der Auswahl der Trauringe oder im Zusammenhang mit alten Kunstschätzen interessant ist, muss sich eines Besseren belehren lassen. In der modernen Wissenschaft spielt Gold eine wichtige Rolle. Ein Beispiel dafür ist die Biotechnologie: Das Einschleusen neuer Eigenschaften in eine Erbinformation geschieht meist durch ein Bombardement mit winzigen Gold- oder Wolframpartikeln. Diese tragen die Fremdgene, die in das vorhandene Erbgut des Lebewesens gelangen sollen. Dies gelingt jedoch „nur“ bei etwa jedem zehnmillionstem Bakterium oder bei einer von zehn Millionen Zellen. Das klingt nach einem geringen Erfolg, doch mit dieser Quote ist die Methode eine der effizientesten und wird deshalb so häufig genutzt.

Genauso wenig, wie sich die Aufnahme der Gene bei jeder einzelnen Zelle erzwingen lässt, lässt sich die Position der übertragenen Gene in der ursprünglichen Erbsubstanz steuern. Tatsächlich ist es sogar so, dass sie sich bei nahezu jeder Zelle mit gelungener Übertragung woanders befindet (je nach Anzahl der beschossenen Zellen oder Bakterien steigt natürlich die Übereinstimmungen). Dies ist das eigentliche Problem des Gentransfers. Er lässt sich nicht steuern. Natürlich wählt man danach diejenigen genveränderten Bakterien oder Zellen aus, die in der Endphase das gewünschte Ergebnis zeigen (zum Beispiel eine herbizidresistente Pflanze), um sie zu vermehren, aber was genau der Standort der eingeschleusten Gene außerdem bewirkt oder eines Tages bewirken könnte, lässt sich nicht voraussehen. Geht es um Pflanzen, die anderen Lebewesen zur Nahrung dienen, kommen auch noch Auswirkungen auf die jeweiligen Verdauungssysteme hinzu. Die Verflechtungen sind also so komplex, dass sie sich heute nicht mit ein paar wenigen Untersuchungen sicher überblicken lassen.

Bei der Verwendung der Gentechnik in der Landwirtschaft tritt dieses Problem sogar doppelt auf. Während in der Medizin die jeweiligen genveränderten Organismen (GVO) nur im Labor vermehrt werden und damit offensichtlich erkennbare Fehlentwicklungen sofort aussortiert werden können, vermehren sich GVO in der Landwirtschaft ganz natürlich weiter – und kreuzen sich dabei auch mit unveränderten Sorten. An diesem Punkt beginnt das Zufallsexperiment zum zweiten Mal. Diesmal jedoch analysiert niemand das Ergebnis, bevor es ganz herangewachsen ist, um Fehlbildungen auszusortieren.

In Mexiko wird seit einiger Zeit klar, was das bedeutet. Wie kürzlich in einer Dokumentation des Senders ARTE zu sehen war, tauchen dort vermehrt seltsame Maispflanzen auf. So gab es zum Beispiel ein verzweigtes Exemplar, dass an einer Stelle drei anstatt eines Kolbens hatte. Und das, obwohl der Anbau von genverändertem (gv-) Mais in Mexiko verboten ist. Das Problem: Man kann ihn zur Ernährung im Laden kaufen, billiger als einheimische Sorten. Und schnell fällt mal ein Korn auf den Boden und keimt auf.

In Sachsen oder Deutschland besteht diese Gefahr zwar nicht, weil Mais hier keine natürlichen Verwandten hat, doch seit Jahren laufen schon Freisetzungsversuche von gv-Weizen, -Kartoffeln, -Gerste oder anderen Pflanzen. Und auch im nahe gelegenen Pillnitz träumt man von einem solchen Versuch für gv-Apfelbäume und veranstaltet diesen Herbst sogar einen Kongress dazu. Der Versuch selbst wurde bisher nicht genehmigt, denn das Institut in Pillnitz bildet zugleich eine Datenbank ursprünglicher Sorten. Eine Auskreuzung ist also zu befürchten und die Nicht-Zulassung des Versuches damit nachvollziehbar.

Doch zurück zum Mais: Gesetzliche Sicherheitsabstände sollen garantieren, dass genveränderter Mais sich nicht über sein Anbaugebiet hinaus in andere Maisfelder verbreitet. Doch mit dem neuen Gesetz sind Absprachen gestattet: Ein Bauer kann also dem Kollegen gestatten, den Sicherheitsabstand zu missachten und den Genmais direkt neben seinem normalen Mais anzubauen. Als Erlaubnis zählt auch, wenn es auf die Anfrage nach Unterschreitung der Sicherheitsabstände nach Ablauf mehrerer Wochen keine Antwort gibt. Mit diesen Regelungen wird sich transgener Mais künftig mehr verbreiten können als bisher.

Schlimmer ist noch, dass Imker immer noch keine gesetzliche Beachtung finden. Eine Untersuchung bestätigte, dass es ein vermehrtes Bienensterben unter Bienenvölkern gab, die sowohl transgenen Maispollen der erlaubten Sorte MON810 als auch einem Virus ausgesetzt waren, gegenüber solchen Völkern, die nur unter dem Virus zu leiden hatten. MON810 scheint also ein weiterer Stressfaktor für Bienenvölker zu sein. Hinzu kommt, dass Händler vermehrt Honig mit Anteilen von Genmaispollen ablehnen, auch wenn der Anteil nur geringfügig und weit unter der gesetzlichen Grenze von 0,9% liegt. Imker müssen also immer häufiger mit teuren Tests nachweisen, dass ihr Honig nicht von solchen Maispollen stammt, wenn ihre Völker in der Nähe eines solchen Feldes leben. Kein Wunder also, dass man tatsächlich Berufsimker trifft, die bei wachsendem Anbau um ihre Zukunft fürchten und angesichts dieser Aussichten in Tränen ausbrechen. Ein Bild, das man bisher eigentlich der blühenden Fantasie polemischer Gentechnik-Gegner zugeordnet hätte.

Solche Gentechnik-Gegner stellen sich bei näherer Betrachtung übrigens meist nicht als radikale Gegner der Technik, sondern des Einsatzes dieser Technik der Landwirtschaft bzw. der freien Natur heraus. Oft zielen die Argumente dabei eher auf die hinter der Technik stehenden Patentprobleme, als auf die Technik an sich. Besonders beunruhigt es viele, dass der größte Konzern und Entwickler transgener Pflanzen ausgerechnet Monsanto ist, jener Konzern, der in der Vergangenheit bereits durch Produkte wie das gefährliche „Agent Orange“ (eingesetzt zur Entlaubung im Vietnamkrieg) zu trauriger Berühmtheit gelangte und auch heute noch dafür bekannt ist, Kritiker zu diffamieren oder versucht, Menschen durch Drohungen zum Schweigen zu bringen.

Auch heißt es, dass die für die Genehmigung zuständige EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) durch den Konzern beeinflusst sei. Das klingt alles recht undurchsichtig und gerade deswegen hieß es auch in einer Pressemitteilung der Linken vor 2 Monaten: „DIE LINKE fordert ein sicheres, demokratisches und transparentes Zulassungsverfahren. Bis dahin sollten keinerlei gentechnisch veränderte Pflanzen mehr erlaubt werden. Weder auf dem Acker, noch auf dem Teller oder im Futtertrog!“ Was soll man nun als Radeburger Bürger dazu sagen, dass unsere Stadt nicht nur im wahrscheinlich dichtesten Anbaugebiet von transgenen Mais in Deutschland liegt, sondern dass einer der ganz großen Anbauer, Rüdiger Stannek auch noch Stadtrat ist und zwar in der Fraktion der Partei Die Linke?!

Es mag schön sein, wenn Radeburg im Zentrum des Fortschritts steht, aber was hier geschieht, ist keine Forschung, sondern regulärer Anbau einer Pflanze, die in Österreich, Ungarn, Griechenland, Polen, Rumänien und Frankreich nicht angebaut werden darf. Auch in Deutschland hieß es letztes Jahr, dass der Mais erst wieder zugelassen werde, wenn Monsanto einen geeigneten Beobachtungsplan vorlegt. Dabei soll erfasst werden, was für Auswirkungen der Anbau auf die Umwelt hat. Ein solcher Plan wurde vorgelegt und deshalb gibt es wieder Anbau, obwohl der Plan von vielen kritisiert wird: Im Plan aufgeführte Beobachtungsnetzwerke wissen gar nichts von ihrer Mitwirkung. Selbst die Fachbehörde, das Bundesamt für Naturschutz, hält den Überwachungsplan für unzureichend. Und so fühlt man sich hier in der Region an den Ausspruch eines britischen Wissenschaftlers erinnert: "Dass es unfair ist, seine Mitmenschen als Versuchskaninchen zu missbrauchen."

Risikotechnik gehört allenfalls ins Labor, aber nicht – auch noch gegen den Willen des Imkers – in den Honig. Oder dorthin, wo die Menschen am Wochenende spazieren gehen. Und wo sich Kinder im Sommer ahnungslos einen Maiskolben zum Naschen stibitzen.

Was können Sie tun? Vermeiden Sie Gentechnik in Lebensmitteln auch bei tierischen Produkten. Achten Sie dazu auf das Kleingedruckte, denn Lebensmittel mit direkten genmanipulierten Zutaten müssen in der Zutatenliste gekennzeichnet sein. Tierische Produkte wie Fleisch, Eier oder Milch, bei deren Herstellung Gen- Pflanzen an die Tiere verfüttert wurden, müssen allerdings nicht gekennzeichnet werden. Achten Sie bei tierischen Produkten auf das Label "Ohne Gentechnik", oder kaufen Sie Bio-Qualität.Überzeugen Sie Landeigner vom Verbot von Gen-Pflanzen auf ihren Flächen. Verpächter sollten den Anbau von Gen-Pflanzen in ihren Verträgen ausschließen. Informationen unter: www.greenpeace.de/pachtvertrag

Machen Sie bei Aktionen und Foren mit. Hinweise z.B. unter:

Schaffen Sie gentechnikfreie Regionen. Informationen dazu unter: www.gentechnikfreieregionen.de.

Greenpeace fordert:

  • Kein Anbau von Gen-Pflanzen
  • Keine Gen-Pflanzen im Tierfutter
  • Keine Gentechnik im Essen

Greenpeace Gruppe Dresden
Schützengasse 16 -18
01067 Dresden

Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an:
Johanna Davids, Telefon 0351 / 4242979
E_Mail: johanna-davids-dd@gmx.de


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