Samstag, den 22. August 2009 12:49 Alter: 10 Jahr(e)

Tillich: Es waren die Menschen in unseren Ländern, die die Chance nutzen

Kategorie: Dresdener Land und Umgebung, Radeburg und Umgebung

VON: KLAUS KROEMKE

Sachsens Ministerpäsident Stanislaw Tiilich besuchte am 8. August die Druckerei Vetters in Radeburg - ein Unternehmen, das zu denen gehört, die "mittlerweile in Deutschland, in Europa und in der Welt an die Spitze aufgeschlossen haben.“

„Es waren die Menschen in unseren Ländern, es waren die Unternehmer in unseren Ländern, die 1990 die Chance, die sich ihnen geboten hat und die Hilfe, die ihnen angeboten wurde, genutzt haben," sagte Ministerpräsident Stanislaw Tillich auf der Ministerpräsidentenkonferenz im Juni.

„Wir haben es in der Tat erreicht, daß es in unseren neuen Bundesländern viele wirtschaftliche Entwicklungen und Unternehmungen gibt, die mittlerweile in Deutschland, in Europa und in der Welt an die Spitze aufgeschlossen haben."

Unternehmen, die durchgestartet sind, risikobereit und doch bodenständig und mit Augenmaß. Das sind die „krisenresistenten", auf die man sich langfristig verlassen kann. Keine „StartUps" mit hoch fliegenden Träumereien, keine New Economy für die schnelle Mark, keine „Nieten in Nadelstreifen" für deren Spekulationen wie für deren Luxus jetzt der Steuerzahler aufkommt. Im Gegenteil. Solche, die wachsen, statt zu wuchern, die Steuern zahlen statt zu fordern, die sukzessive immer mehr Menschen in Arbeit bringen, die Lehrlinge suchen statt ablehnen, die unter uns leben statt in Steueroasen, die ihre Gewinne lieber in ihre Unternehmen vor Ort investieren statt in Luxus und Pomp.

Der Ministerpräsident ließ sich offensichtlich deshalb nicht zwei Mal bitten, als er eingeladen wurde, um dabei zu sein, wenn ein solches Unternehmen mitten in der Krise die nächste Startstufe zündet:v.l. Dr. Geisler, Ministerpräsident Tillich, Dr. Rößler, Dr. Hasenpflug, Jürgen Vetters

Die Druckerei Vetters in Radeburg nimmt am 8. August um 13 Uhr eine 6,6 Millionen Euro teure 16-Seiten-Rollenoffset-Anlage in Betrieb. Was hat man sich darunter vorzustellen? Für eine Großauflage von 55.000 Exemplaren mit 16 farbigen A4-Seiten braucht man künftig gerade mal eine Stunde - oder anders ausgedrückt: die Anlage druckt fast 15 Exemplare pro Sekunde!

Wartezeiten bei Großauflagen -ade! In unserer schnellebigen Zeit ein enormer Wettbewerbsvorteil.

Während Digitaldruckereien wie Pilze aus dem Boden schießen und sich bei kleinen und kleinsten Auflagen gegenseitig unterbieten, hatte Geschäftsführer Jürgen Vetters seinen eigenen Kopf und suchte einen anderen Weg. Die „Nische" die er fand: wettbewerbsfähig Großauflagen anbieten - das können nur wenige zwischen Bodensee und Rügen.

Wie ticken solche Leute wie Jürgen Vetters? Unter welchen Rahmenbedingungen können mehr Mittelständler es schaffen, in ähnlicher Weise erfolgreich zu sein? Was kann die Politik tun? Ist sie mit ihren Förderprogrammen auf dem richtigen Weg? Der Ministerpräsident kann beim „Tag der offenen Druckerei" am 8. August ab 12 Uhr Antworten auf diese Fragen finden.

Bodenständigkeit als Gegengewicht

In Zeiten der Globalisierung gilt Bodenständigkeit als nicht mehr zeitgemäß. Ein Trugschluß. Auch die Druckerei Vetters profitiert natürlich von der Globalisierung - von immer schnelleren Prozessoren, von ausgefeilter Software, von Spitzentechnologie, von globalem Papierhandel, auch vom globalen Absatz der Kunden, die bei Vetters drucken lassen. Er könnte also ebenso gut lohnkostengünstig in Osteuropa produzieren, das von hier nur 50 km entfernt ist.

Dennoch ist er hier geblieben, wo er aufgewachsen ist, wo er seine Frau Rita kennen lernte, deren Vater 1949 in einem Hinterhof eine Buchdruckerei aufmachte - mit einem Papierkontingent pro Jahr, das eine maschine wie die neue 16-Seiten-Offset, die vetters am 8. august in Betrieb nimmt, in wenigen Minuten bedruckt und versandfertig hat.

1982 übernahm Rita Vetters das Unternehmen ihres Vaters, 1987 stieg Jürgen Vetters in den Handwerksbetrieb ein, der damals 7 Beschäftigte hatte. Seit 1993 ist die Druckerei eine GmbH.

Auch die beiden Söhne René und Rico arbeiten im Betrieb, auch ehemalige Schulkameraden, Nachbarn aus dem Ort, nicht nur, aber eben auch. An die 90 Beschäftigte hat der Betrieb heute, darunter 20 Lehrlinge. Und die Freizeit findet auch hier in der Umgebung statt - im Kegelklub, im Schützenverein. Das ist Bodenständigkeit in der Moderne. Ohne sie ist Globalität haltlos. Wer verwurzelt ist, sorgt für Stabilität.

Spitzentechnologie ist anspruchslos - Handwerk anspruchsvoll

Die Druckerei Vetters legt, trotz der erreichten Größe, Wert darauf, nach wie vor ein Handwerksbetrieb zu sein. Warum? Man sprach einst sogar von der Buchdrucker-Kunst. Rita Vetters stand selbst noch am Setzkasten und hat Buchstabe für Buchstabe aus Blei in die Druckform gesetzt. Eine mühselige Arbeit, aber auch von einer solchen Präzision wie sie heute auch mit guten Computerschriften kaum zu erreichen ist. Da der Computer heute so vieles automatisch macht, ist vieles automatisch schlecht. Die Mediengestalter von heute wissen oft nicht, was mit „Unterschneidung" gemeint ist oder wie ein „guter Durchschuß" auszusehen hat. Ein Qualitätsverlust, den man als Kunde billigend (man beachte die Doppelbedeutung des Wortes!) in Kauf nimmt, als Handwerker aber nur ungern. Bei Vetters will man, daß die hier Arbeitenden wenigstens eine Ahnung davon haben. Deswegen wird auch so großer Wert auf die eigene Lehrlingsausbildung gelegt und bei der Qualität ist man ziemlich kompromißlos.

Spitzentechnologie, auch das muß man begreifen, kann vieles erleichtern und kann vieles auch viel schneller. Aber sie urteilt nicht, ist ästhetisch anspruchslos. Hinter der Technologie muß jemand stehen, der den Anspruch hat, ihr abzuverlangen, was in ihr steckt. Nur so geht es.

1998 wurde das Unternehmen nach ISO 9002 zertifiziert, 2001 folgte die Einführung eines durchgehenden Farbmanagements, um die Unterschiede zwischen Bildschirm- und Druckfarben zu beherrschen, 2007 dann ein großer Schritt - die Erstzertifizierung nach Prozess-Standard Offsetdruck durch das Sächsische Institut für die Druckindustrie (SID) Leipzig.

„Defizite haben wir noch in der industriegetragenen Forschung und Entwicklung," sagte der Ministerpräsident auf der oben genannten Konferenz. Vetters und das SID zeigten, wie es geht. Hier wurde eine Lösung entwickelt, von Peripheriegeräten wie z.B. Scanner oder so genannten „Fremddaten", z.B. Druckvorlagen aus Agenturen über den Bildschirmarbeitsplatz und die Belichtung der Druckplatten bis zum Farbauftrag an der Druckmaschine alle Schritte so miteinander abzustimmen, daß trotz der enormen Geschwindigkeiten der Prozesse handwerkliche Präzision für höchste Qualität möglich wird. Eine Frage der Ehre für das Druckerhandwerk.

Quelle Zitate Tillich: Youtube

 


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