Montag, den 07. September 2009 15:50 Alter: 10 Jahr(e)

700-Jahrfeiern in Höckendorf, Kleindittmannsdorf, Gräfenhain, Bärnsdorf und Klotsche

Kategorie: Dresdener Heidebogen, Dresdener Land und Umgebung, Radeburg und Umgebung

VON: KLAUS KROEMKE

Grund zum Feiern wegen einer 700 Jahre alten Mitgift hatten Höckendorf, Kleindittmannsdorf, Gräfenhain, Bärnsdorf und Klotzsche. Sie wähnen sich auf einem Papier aus dem Jahre 1309 erstmals genannt. Aber Zweifel bleiben, ob die richtigen Orte feiern.

700-Jahrfeiern, wohin man sieht. Im Mai feierte Höckendorf bei Pulsnitz 700 Jahre. Im Juni feierte Kleindittmannsdorf bei Pulsnitz 700. Mitte August feierte Gräfenhain zwischen Königsbrück und Pulsnitz, Anfang September Bärnsdorf und am 11./12.9. feierte Klotsche - alle 700 Jahre.

Grund für diese verbreitete Fröhlichkeit ist eine 700 Jahre alte Mitgift. „Da des Menschen Gedächtnis schwankend ist und damit es nicht vorkommt, daß es infolge Not noch durch Bestechung verändert werden könnte, kleiden wir unseren Willen in das Gewand dieser Urkunde," erklärte Friedrich Clem, auch genannt Friedrich der Kleine oder Friederich von Dresden. Mit dem Papier hat der „Markgraf von Gottes Gnaden," wie sich der Wettiner selbst zu nennen pflegte, tatsächlich dem menschlichen Gedächtnis geholfen, obwohl es „nur" darum ging, daß „zwei adlige Edelleute, Otto Burggraf von Dohna und Bernhard von Pulsnitz," die Mitgift aushandelten, die Margarete, die Tochter des Burggrafen und Gemahlin des Bernhard, mitbekommen sollte. Als Mitgift überlassen wurde „alles Gut, das Bernhard von uns (dem Burggrafen) zum Lehen hat".

Samt „Knechte und Mägte" überließ der Burggraf dem Bernhard die Dörfer Hoykendorf (heute Höckendorf), Dytwinsdorf (heute Kleindittmannsdorf), Nuwendorf (Großnaundorf), Bernhardisdorf

(Bärnsdorf oder Bernsdorf), die Hälfte des Dorfes Vollunge (Pulsnitz - Meißner Seite), Kloiczowe (vielleicht Klotzsche) sowie „den Forst, welcher zwischen dem Dorf Gromnhan (Gräfenhain) und dem Wald, der Burchwald heißt und zwischen Bernhardisdorf und Nuwendorf liegt."

Die in der Urkunde genannten Orte sind allesamt in der Nähe von Pulsnitz zu finden - mit Ausnahme von Bärnsdorf bei Radeburg und Dresden-Klotzsche. Ein weiteres Bernsdorf gab es auch mal in der Nähe von Pulsnitz, ist aber wüst gefallen. Vielleicht ist ja eher dieses gemeint. Der in der Urkunde erwähnte Forst soll zwischen "Bernhardisdorf" und Großnaundorf gelegen sein, doch das Radeburger Bärnsdorf läßt sich kaum vorstellen, denn zwischen beiden Orten lagen damals schon etliche andere Dörfer, die aber mitten im Forst gelegen wären und aus der ansonsten landschaftlich kleinteiligen Schenkung wäre schon ein halbes Fürstentum geworden. Und ob Kloiczowe wirklich das heutige Klotzsche ist? Das sorbische Wort „Klotsch" steht für einen Bretterverschlag, eine primitive Behausung, Bezeichnung vielleicht für ein eher armes, vielleicht sogar namenloses Dorf, das sonst weniger erwähnenswert war. Im sächsischen Volksmund überlebte die Wortwurzel anscheinend gleichbedeutend in „Klitsche".

Ob es immer die richtigen Urkunden sind, auf die hin man feiert - man weiß es also nicht. Daß dies auch nicht so ganz wichtig ist, das hatte der wohl bedeutendste zeitgenössische Heimatforscher, Professor Karlheinz Blaschke, des Öfteren betont. Zuletzt im Rahmen der Feierlichkeiten von Bärwalde, die ebenfalls schon terminlich „knapp daneben" lagen.

Diese Urkunden der Ersterwähnung sind ja keine Gründungsurkunden. Die Orte waren in der Regel schon ca. 50 Jahre früher da, so daß es bei den Feiern eigentlich nicht auf den Tag, geschweige aufs Jahr ankommt.

Im Zuge der Ostexpansionswelle, die im 11. und 12. Jahrhundert deutsche Siedler in rechtselbische Lande vordringen ließ, entstanden die meisten Orte unserer Region.

Was den Heimatforscher freut ist, daß die alten Urkunden eine Anregung geben, sich überhaupt mit der Heimatgeschichte auseinanderzusetzen. Sich zu gemeinsamen Wurzeln zu bekennen, über den Wohnort mehr zu wissen als die Postleitzahl und die Vorwahl, sich darüber als Gemeinschaft zu fühlen und zu verstehen, sich (selbst und die Nachbarn) über Geschichte und Geschichten kennen und verstehen zu lernen, das ist außerordentlich wichtig.

„Bratwurst, Bier bis zum Abwinken und Huppeburg, alles war da und schön wars auch noch. Wenn es mal wieder so klappt. ;-) Viele Dank an die vielen Helfer und neuen Freunde, die ich gefunden habe!" schrieb Marcus ins Gästebuch von "700 Jahre Bärnsdorf". Ja. Genau. Er sagt mit seinen Worten genau das, worum es doch vor allem geht.

Vielleicht mal etwas für Musestunden die Festbroschüre „Dorflexikon Bärnsdorf" - das übrigens auch besagte Urkunde enthält und bei Bernd Schmiedgen in Bärnsdorf erhältlich ist. Mancher hat sich ob des Titels Sorgen gemacht, aber beim Lesen wird man schnell feststellen, daß die Arbeitsgruppe Dorfgeschichte eine erbauliche Lektüre zusammengestellt hat.

Allein der „Rundgang zu Aussichtspunkten der Bärnsdorfer Geschichte" ist jeden Cent wert. Bärnsdorf wird auch für den Nicht-Bärnsdorfer erstaunlich präsent und bedeutend. Von den Gründen, genau hier ein Dorf zu gründen über die Weitsichten und Einsichten am Buckenberg und die in Agonie liegenden ehemaligen Heilstätte „Seefrieden" über das einstige „Pferdeparadies Cunnertswalde" führt der Weg am Bärnsdorfer Großteich entlang, der in kurfürstlicher Zeit zur Weltbühne wurde und heute noch in einer einzigartigen Gartenlandschaft liegt und man freut sich beim Lesen und noch mehr beim Zusehen, wie aus dem in die Jahre gekommenen Landschaftspark um das Fasanenschlößchen auf Initiative vieler, ganz besonders der Bärnsdorfer im Fasanengarten-Verein, in neuem altem Glanz erstrahlt.

Klaus Kroemke

Mehr zu den 700-Jahrfeiern:

 

weiterführender Link:

praktische Suchhilfe für urkundliche Ersterwähnungen in der digitalen Fassung des Historischen Ortsnamensverzeichnisses von Sachsen, Hrsg. Karlheinz Blaschke, Leipziger Universitätsverlag 2006, als Datenbank des Institutes für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. hier:

hov.isgv.de

 

 


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