Freitag, den 29. August 2014 10:02 Alter: 5 Jahr(e)

Medizinische Versorgung Ärztemangel – wieder einmal, oder immer noch?

Kategorie: Dresdener Land und Umgebung

VON: KLAUS KROEMKE

Nach der Veröffentlichung eines Fotos auf Facebook, das eine Warteschlange vor der Haustür der Praxis von Susanne Taha zeigt, gab es schon nach zwei Tagen über 1000 Klicks – eine Größenordnung, die ein einzelner Facebookbeitrag auf der Radeburger-Anzeiger-Facebookseite in so kurzer Zeit noch nie erreicht hat. Ein Indikator, dass die Radeburger Ärztesituation viele bewegt.

Warteraum überfüllt. Lange Schlange bis vor die Tür bei Frau Taha.
Warteraum überfüllt. Lange Schlange bis vor die Tür bei Frau Taha.

Nach Information von Frau Dr. Berndt war der Urlaub lange geplant. Das ließ sich nicht mehr ändern
Nach Information von Frau Dr. Berndt war der Urlaub lange geplant. Das ließ sich nicht mehr ändern

Im Einzugsbereich Radeburg/Moritzburg sind von 10 niedergelassenen Arztstellen (allgemeine, Kinder-, Frauen- und Augenärzte) nur noch sechs regulär besetzt – und davon sind Mitte August bis zu vier Ärzte gleichzeitig im Urlaub. Vom 15. bis zum 24. August gab es nur zwei Ärzte auf über 15.000 Einwohner... Im deutschen Durchschnitt kommen laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung über 27 Ärzte auf so eine Einwohnerzahl. Wolfgang Kunert kommentiert die gefühlte Lage: „Kommt einer von Euch ma auf die Idee, dass es zu wenig Ärzte gibt, sieht einer von Euch was so ein Arzt für Arbeitszeiten hat, sicher liegts nicht an dehnen.“

Dagegen hatte die zuständige Kassenärztliche Vereinigung vor Jahren schon ausgeführt, dass die Ärztedichte ausreichend und die Versorgung gesichert sei. Die Bertelsmannstudie weist aus, dass der Bereich Meißen zu den „nur“ leicht unterversorgten Bereichen gehört – Radeburg grenzt aber einerseits an den dramatisch unterversorgten Bereich Großenhain und schönt seine Lage dadurch, dass statistisch die „Überversorgung“ im Elbtal die Unterversorgung im ländlichen Teil kaschiert. Aus diesem Grund sieht die KV in Radeburg, wie gesagt, keinen besonderen Handlungsbedarf.

Ein russisches Sprichwort sagt: „die Furt war im Durchschnitt einen Meter tief und trotzdem ist die Kuh ersoffen.“ Nachdem Dr. Weißbach und Frau Dr. Meyer ihre Praxen geschlossen hatten und in Moritzburg nach der Schließung der Praxis von Frau Dr. Witschel auch nur noch Dr. Wallmann praktiziert, der schon im Pensionsalter ist, war die Situation vor Ort schon dramatischer als die Statistik ausweist. Im Frühjahr drängte Bürgermeisterin Michaela Ritter das MVZ Coswig, das bis dato nur durch Frau Dr. Neubert vertreten ist, aber zwei offene Arztstellen in Radeburg führt, diese endlich zu besetzen. Das darauf abgegebene Versprechen wurde nur teilweise gehalten, denn obwohl zwei Ärztinnen avisiert wurden, stellte sich schließlich heraus, das einer der beiden die Qualifikation für eine Praxiszulassung fehlte.

Nachdem immerhin eine Ärztin, Frau Dr. Berndt, ihren Dienst in der Ärztebaracke am Krankenhaus antrat, beruhigte sich die Lage ein wenig, aber nicht wirklich. Auf Facebook kommentiert San Ny: „Schlange steht man dort aber auch sonst.“ Will sagen, dass sie auch den Ärztemangel für eher ein dauerhaftes als ein plötzliches Problem hält. Dieses wird nur um so auffälliger, wenn eben jene Situation eintritt wie diesertage: von den ohnehin zu wenigen Ärzten sind fast alle Ärzte gleichzeitig im Urlaub... Am wenigsten sollte man da den Ärzten einen Vorwurf machen, die diese „zu wenigen“ sind und sich schon einer solchen Belastung der Niederlassung in einem unterversorgten Gebiet aussetzen. Wem aber dann?

Zu DDR-Zeiten wurde der Ärzteurlaub durch den Rat der Stadt koordiniert und genehmigt. Das ist heute nicht mehr so, auch wenn das mancher vermutet. Heute gibt es die Kassenärztliche Vereinigung (KV). Ihre Hauptaufgabe ist die Sicherstellung der flächendeckenden ambulanten ärztlichen Versorgung. Dazu sollte auch die Sicherstellung derselben während der Urlaubszeit gehören.

Das wird von der KV auch so bestätigt. Michael Rabe, Geschäftsführer der BezirksstelleDresden der KV teilte dazu mit, der Vertragsarzt habe seinen Urlaub und seinen Vertreter der KV schriftlich mitzuteilen. Die KV gehe davon aus, dass die Vertretung auch abgestimmt sei und erklärte sich bereit, den Sachverhalt zu prüfen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

 

 

 

 


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