Sonntag, den 23. Oktober 2011 20:19 Alter: 8 Jahr(e)

Verkehrsminister Morlok: Erhalt von Straßen geht künftig vor Ausbau

Kategorie: Radeburg und Umgebung

VON: K.KROEMKE

Kommentiert: Ein Paradigmenwechsel und was für mögliche Folgen er für Radeburg und Umgebung hat

Straßenbaumaßnahmen in Radeburg und Umgebung
Straßenbaumaßnahmen in Radeburg und Umgebung

Das Straßennetz im Altkreis Meißen macht in den Medien von sich Reden. Positive Meldungen wie die, dass die Staatsstraße 80 am Auer nun endlich fertig ist und die Deckschichterneuerung von Rähnitz bis Volkersdorf, werden überlagert von umstrittenen – von Baustopp wegen Krötenbrunft über falsch dimensionierte Kreisverkehre, tatsächliche oder vermeintliche Geheimpläne zur Verlegung der Staatsstraße 80 in Weinböhla bis hin zur Verlegung des Anschlusses Marsdorf der Staatsstraße 58 an die A 13 und von Untragbarem wie dem Zustand der Staatsstraße 96 von Volkerdorf bis Berbisdorf.

Mitten in die Debatte hinein platzt die Nachricht, daß Verkehrsminister Morlok die Prioritäten beim Straßenbau ändern will: Erhalt geht künftig vor Ausbau. 140 Projekte für den Neu- oder Ausbau von Staatsstraßen sollen auf den Prüfstand. Auf die Weise sollen 20 Millionen Euro für den Erhalt bestehender Staatsstraßen „freigesetzt“ werden. Nicht alles könne "künftig de luxe ausgebaut oder saniert werden", sagte Morlok bereits am 17. August im Sächsischen Landtag. Was im ersten Moment nach Vernunft klingt – zum Schutz von Natur und Umwelt weitere Eingriffe in die Landschaft vermeiden und dem demografischen Wandel Rechnung tragend eine tatsächliche Bedarfsanpassung vorzunehmen, wird jedoch fragwürdig, wenn es nicht nachprüfbar mit Fakten untersetzt wird.

Statt mit Fakten in die Offensive zu gehen, hält das Verkehrsministerium die aktuellen Verkehrsprognosen geheim und entzieht damit einer notwendigen sachlichen Diskussion zu einem neuen Landesverkehrsplan die Grundlage. Folgt dann durch den Minister auch noch die pauschale Ankündigung, Staatsstraßen zu Kreisstraßen herabzustufen und damit „in kommunale Verantwortung“ zu übertragen, so macht sich sofort der Verdacht breit, der Freistaat wolle seine Verantwortung für diese Straßen zugunsten des eigenen und zu Lasten der kommunalen Haushalte abschieben.

Zum 1. Januar 2012 werden die bisherigen Straßenbauämter mit dem Autobahnamt zum Landesamt für Straßenbau und Verkehr fusioniert. Unter den oben genannten Vorzeichen gerät auch dieser eigentlich vernünftige Vorschlag in den Verdacht, Verantwortung abzuschieben.

Dabei bietet gerade die Fussion die Chance, dass zwei bisher offensichtlich aneinander vorbei planende und handelnde Behörden nicht nur zu einer Zusammenarbeit sondern zu einem einheitlichen Denken und Handeln finden.

Dadurch könnte der Behörde zum Beispiel endlich einmal auffallen, daß es einen signifikanten Zusammenhang gibt zwischen dem Zustand der schwerlastgeschädigten Staatsstraße 96 – bisher in der Zuständigkeit des Straßenbauamtes Meißen – und dem fehlenden Autobahnanschluss Süd in Radeburg. Allerdings dürfte es dann zu spät sein, daran mit geringem Mittelaufwand etwas zu ändern. Mit der Genehmigung – ausgerechnet – des Erweiterungsbaus des Logistik(!)-Unternehmens Dachser wurde die Tür für eine verkehrsgünstige und umweltschondende Anbindung der Staatsstraße 177 südlich des Gewerbegebietes endgültig zugeschlagen. Eine von Stadträten vorgeschlagene wenigstens einseitige Anbindung in Fahrtrichtung Dresden wurde mit dem „überzeugenden“ Argument „sowas gibt’s bei uns in Sachsen nicht“ durch das Autobahnamt vom Tisch gewischt – mit dem Ergebnis, dass sich der Schwerlastverkehr an der Einmündung der Umgehungsstraße in das Gewerbegebiet für das Rechtsabbiegen in Richtung Berbisdorf und weiter auf der Staatsstraße 96 nach Dresden entscheidet, um sich nicht als nachrangiger Verkehr mit 2 x Linksabbiegen über den Umweg Gewerbegebiet auf die Autobahn zu wursteln, die dazu noch mautpflichtig ist.

So kommt aufgrund unabgestimmter Planung eins zum Anderen. An der A 13 wird wenige Meter vom Dachser-Neubau entfernt tatsächlich sogar ein Autobahnanschluss gebaut – aber nur zwecks Anbindung eines Pinkel-Parkplatzes. Diese Kurzsichtigkeit ist kaum zu überbieten, weil ja hier gleich Scharen von Verkehrsexperten an Planungen beiteiligt sind – aber offenbar jeder nur für sich. Kommunikation scheint da ein Fremdwort zus ein. Die in den noch gültigen Regionalentwicklungsplänen noch kliug vorgedachte Ostumfahrung von Dresden zwischen A 17 und A 13 – eben jene Staatsstraße 177 - verliert damit endgültig ihren Sinn und hat dann in der Tat nur noch kommunale Bedeutung. Statt in Radeburg-Süd den Anschluß für vergleichsweise wenig Geld durchzuziehen, legte das Autobahnamt kostspielige Pläne zum „Umkippen“ der jetzigen Anschlußstelle vor - mit einer kruden Zerschneidung der Parzellen im Gewerbegiet und einer Abtrennung der Stadt von der Autobahn. Absurde Vorschläge, die der Stadtrat nur ablehnen konnte. „Zur Strafe“ bleibt jetzt alles beim ganz Alten. Übrigens mit der Konsequenz, daß durch das Stop- and-Go der zahlreichen Lkw unnötig CO2 und andere Schadstoffe in die Umwelt blasen, die dem jenseits der A 13 liegenden Vogelschutzgebiet in besonderer Weise schaden, denn im Gegensatz zu den Grenzen, die man in Plänen festlegt, ignoriert der überwiegend aus West (also aus dem Gewerbegebiet) blasende Wind solche bürokratischen Festlegungen.

Zu spät? Zu früh?

Für die Bärnsdorfer könnte der Paradigmenwechsel in Richtung „Sanierung statt Ausbau“ allerrdings auch zu früh statt zu spät kommen. Da das Verkehsministerium bisher konkrete Pläne nicht offenlegt, müssen sie sich an das halten, was sie – oder zumindest einige von ihnen – schriftlichj haben. Das bedeutet, im Gegensatz zu der Hoffnung, die die Deckschichterneuerung zwischen Rähnitz und Volkersdorf wecken zu scheint, daß sie in diesem Leben wohl keinen grundhaften Ausbau ihrer Hauptstraße mehr erleben dürften. Die zahlreichen Schreiben, die nach der im RAZ veröffentlichten Aufforderung, sich beim Verkehrsministerium zu beschweren, tatsächlich beantwortet wurden, enthalten eine entsprechende Ankündigung für das Jahr 2012.

Die Kurzsichtigkeit in Sachen Anschlussstelle Radeburg wird hier dauerhaft zur Folge haben, dass aufgrund des auf der Staatsstraße 96 statt auf der A 13 fließenden Verkehrs sich weiterhin 40-Tonner, Pkw, Radfahrer, Kinderwagen und Oma mit Rollator den gleichen Verkehrsraum teilen müssen. Auch die Volkersdorfer dürfen sich aufgrund von Moroks Ankündigungen noch nicht zu sicher sein, daß es 2012 tatsächlich los geht, auch wenn die Pläne des Straßenbauamtes das vorsehen. Sie können sich aber auch selbst noch ein Bein stellen, wenn sie mit Einsprüchen die Maßnahme so lange verzögern, bis das Geld wo anders augegeben wird.

Schlechte Kommunikation ist auch hier seit 2007 einer der Gründe für zahlreiche Verzögerungen. So bekommen viele Bürger, weil sie die amtlichen Bekanntmachungen nicht lesen, nicht mit, wenn Planungen ausliegen – hier in besagtem Fall zwischen 7. November und 7. Dezember – und werden erst „munter“ wenn sich bereits Baugeschehen regt.

An anderer Stelle wird man Moroks Prüftand-Ankündigung aber womöglich gern hören: am Buckenberg. Im Gegensatz zu anderen Ecken, wo man auf den straßenausbau sehnsüchtig wartet, soll genau das zwischen Weixdorf und Bärnsdorf verhindert werden. Die kurvenreiche Staatsstraße 58 wäre ein erster Kandidat für eine Zurückstufung zur Kreisstraße, denn hier hätte ein Ausbau weitreichende Folgen für Anwohner und Umwelt. Wenn der Ausbau ein Angebot zur Abkürzung zwischen den Ausfahrten Hermsdorf (A 4) und Marsdorf (A 13) wird, schillt der Verkehr in Weixdorf an und es folgt sofort die Forderung eines Autobahn-Anschlusses auf der Gomlitzer Höhe – mit Anschluß des nahe gelegenen Gewerbegebietes... usw... usw...

Wie gesagt: Kommunikation tut not. Zum Thema Staatsstraße 58 lädt aber nicht etwa Autobahn- oder Straßenbauamt ein, sondern die Fachgruppe für Ornithologie – siehe „Naturschützer fordern beim Bauvorhaben S 58 mehr Rücksicht auf Natur und Mensch“.

 


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