Freitag, den 04. Mai 2012 16:55 Alter: 8 Jahr(e)

Windkraft: Interessen zum Ausgleich bringen

Kategorie: Dresdener Heidebogen

VON: K.KROEMKE

„Angesichts der Bedrohungen durch die hergebrachten Formen der Energieerzeugung muss ein gesellschaftlicher Konzens darüber erzielt werden, dass umweltverträgliche Alternativen erwünscht sind. Die nötigen Veränderungen greifen ihrerseits in die Interessen von Unternehmen und Menschen ein. Jedes Projekt zur Nutzung regenerativer Energien bedarf der Beteiligung aller Betroffenen: Standortgemeinden, Grundstückseigentümer, Landwirte, Anwohner Investoren.“

Worst Case Szenario: Blick auf 17 Windräder vom Meißner Berg aus - so viele werden es wohl nicht.
Worst Case Szenario: Blick auf 17 Windräder vom Meißner Berg aus - so viele werden es wohl nicht.

Dies ist wörtlich nachzulesen auf der Webseite des Windkraftanlagen-Betreibers UKA Umweltgerechte Kraftanlagen GmbH & Co. KG mit Sitz in Meißen.

Beim Lesen dieser Zeilen werden Sie, liebe Leser, sicherlich stutzen und sich die Frage stellen: Warum haben sie es dann nicht gemacht? Beziehungsweise: warum erst, nachdem Gerüchte kursierten und sich Bürgerinitiativen gebildet haben?

 

Ich sehe die Ursache vor allem darin, dass die UKA ihre so genannten Flächenwerber bereits zu Vertragsabschlüssen mit Grundstückseigentümern ausgeschickt hatte, BEVOR es überhaupt genehmigungsfähige planerische Grundlagen dafür gab.

Der tatsächliche Planungsstand befand sich in eklatantem Widerspruch zum auftreten der UKA-Vertreter.

So gährte im Frühjahr zunächst ein Mix aus Gerüchten und unredigierten Planungsentwürfen.

Unwissen erzeugt bekanntlich zwei Reaktionsformen: Angst und Wut.

Dass sich die „Wutbürger“ in Initiativen zusammenfinden ist fast folgerichtig – und eigentlich sogar noch ein Glück, denn Angst und Wut können sich auch ganz anders Bahn brechen.

Den BI ist es zu verdanken, dass mit Unterschriftensammlungen und Protestkundgebungen Angst und Wut erst einmal in demokratische Ausdrucksformen gelenkt wurden.


Ein Glück ist das vor allem für den Regionalen Planungsverband, den momentan der Zorn am meisten trifft, weil er den „Flächenwerbern“ hinterher rennt und das Heft des Handelns nicht in der Hand zu haben scheint.


Er hat es aber in der Hand. Denn er gab nicht irgend einer ominösen „Energielobby“ nach, sondern wägt unterschiedliche Interessen vernünftig ab.

Das sind im konkreten Fall auf der einen Seite die von Bund und Land für die Energiewende hoch gesteckten Ziele zur Nutzung der Windkraft. Es ist Sinn und Aufgabe des Verbandes, dafür eine genehmigungsfähige und rechtssichere Planung zu erstellen. Andererseits ist er aber auch verpflichtet, dies so zu tun, dass Konflikte mit anderen Nutzungsansprüchen an den Raum bei der Flächenbereitstellung so gering wie möglich gehalten werden.


Die Koordinierung von raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen ist grundsätzlich eine staatliche Aufgabe. Landesweite Raumordnungspläne werden durch Regionalpläne für Teilräume – hier die Region Oberes Elbtal / Osterzgebirge – untersetzt.

Der Freistaat hat die Aufgabe, Regionalpläne aufzustellen, an die Regionalen Planungsverbände übertragen. Seit der Ära Biedenkopf wurde das Thema Windkraft im Freistaat sehr rigide gehandhabt. Deshalb war es für Windkraftbetreiber bisher sehr schwierig, überhaupt Genehmigungen für Anlagen zu bekommen. Sachsen ist in der Windenergienutzung deutschlandweit Schlusslicht.

Die – vielleicht überzogene – Verschärfung der Energiewende nach der Fukushima-Katastrophe zwang auch den Freistaat zu einer Abkehr von seiner bisherigen Energiepolitik. Dies muss nach rechtsstaatlichen Prinzipien raumordnerisch und regionalplanerisch nachvollzogen werden. In einem dicht besiedelten Land ist dies nicht ganz einfach. Das gestiegene Interesse an umweltgerechter Energieerzeugung musste gegen andere Interessen, wie zum Beispiel die des Landschafts- und Naturschutzes, neu abgewogen werden. Außerdem musste der Dialog mit allen Betroffenen gesucht werden, was im Normalfall durch die Veröffentlichung eines Planentwurfs und – damit verbunden – durch die Einleitung eines öffentlichen Anhörungsverfahrens geschieht. Ohne das Auftreten der Flächenwerber und die daraus resultierende Welle von Gerüchten und die Vorab-Publikation der Pläne hätte die 37. Sitzung der Verbandsversammlung am 28.03.2012 wohl entsprechendes beschlossen.

Ein Schaden wäre daraus – entgegen anderen Behauptungen – aber nicht entstanden. Denn nun hätte man auf der Grundlage genau der selben Pläne die selben Diskussionen geführt – nur dass die Pläne eben jetzt offiziell gewesen wären.

Einen Unterschied hätte das wirklich kaum gemacht. Nur wären jene Mutmaßungen von einer „knappen Auslegungsfrist“, von „Ignoranz des Planungsverbandes“, „Behördenwillkür“ und dem „Durchpeitschen wichtiger Planungen“ wohl unterblieben.

Natürlich konnte sich die Verbandsversammlung die offizielle Publikation sparen, denn was vorlag, war inzwischen weitgehend bekannt – und auch die Ablehnende Haltung der Bürger dazu.

Dennoch sind die BI ein Glück für den Planungsverband, weil er von jetzt auf gleich Interessenvertreter, konkrete Ansprechpartner am Tisch hat, die – so darf man erwarten – tragbare Kompromisse suchen und finden werden.

Dass der Gemeinderat Ebersbach nun mit der Bürgerinitiative „Gegenwind Rödernsche Heide“ eine Arbeitsgruppe bilden will, um sich mit den – zwar nun noch immer nicht offiziellen – Planungsentwürfen befassen soll, ist in Anbetracht der Situation der richtige Weg. Eine solche Arbeitsgruppe sollte am ehesten in der Lage sein, selbst Standorte vorzuschlagen, die der Gemeinde am genehmsten sind und wo vielleicht auch ein größerer Gemeinnutz zu erwarten ist.

Eingedenk der Tatsache, dass dann ein wohl deutlich besserer Entwurf zur Auslegung kommt, der dann immer noch nur ein Entwurf ist, zu dem jeder der es möchte angehört werden muss. Erst danach erfolgt die Abwägung – mit allen rechtlichen Einspruchsmöglichkeiten – und erst dann die tatsächliche Aufnahme in den Regionalplan.

Erst dann wären, nach meinem Verständnis, die Flächenwerber gefragt. Und erst dann können sie eine Bauvoranfrage stellen und auch dann ist immer noch das „normale“ Bauantragsverfahren durchzuführen, an dessen Ende eine Genehmigung und ein Windrad stehen KANN. Erst dann besteht ein halbwegs gerechter Interessenausgleich.

So viel Zeit muss sein.


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