Donnerstag, den 12. April 2012 18:21 Alter: 8 Jahr(e)

Radeburg: Engagierte Sportler - marode Sportstätten?

Kategorie: Radeburg und Umgebung

VON: KLAUS KROEMKE

Die Vielseitigkeit der sportlichen Betätigungsfelder, insbesondere auch für Kinder, das große ehrenamtliche Engagement in den Sportvereinen durch Vorstände, Trainer und mithelfende Eltern sowie die nicht geringe Zahl an Sportstätten in Radeburg, einschließlich seinen Ortsteilen, zählen zu den Stärken des Radeburger Sports und machen einen beträchtlichen Teil des hohen Freizeitwertes aus, den das Leben in Radeburg zu bieten hat. Auch ist positiv zu bewerten, dass die Gebühren und Beiträge, die die Stadt von den Sportlern für die Nutzung der Sportstätten fordert, zu den niedrigsten im Landkreis zählen. Dem gegenüber aber steht, dass einzelne Sportanlagen mit „Bauzustandsstufe 3“ eingestuft wurden, also sanierungsbedürftig sind. Das ist lange bekannt - nun steht es in einem Sportstättenentwicklungskonzept.

Der Sportplatz wird nicht nur für den Fussball genutzt, vor allem aber von den AKtiven der Fußballabteilung unterhalten. Die Stadt zahlt hohe Zuschüsse.
Der Sportplatz wird nicht nur für den Fussball genutzt, vor allem aber von den AKtiven der Fußballabteilung unterhalten. Die Stadt zahlt hohe Zuschüsse.

Damit die Beiträge der Mitglieder so niedrig bleiben können wie bisher legt auch beim Unterhalt der Sporthalle die Stadt ordentlich Geld oben drauf.
Damit die Beiträge der Mitglieder so niedrig bleiben können wie bisher legt auch beim Unterhalt der Sporthalle die Stadt ordentlich Geld oben drauf.

Nach langem Drängen der Sportler, insbesondere nach dem engagierten Auftritt von Dieter Scheiblich als Vorsitzendem der Abteilung Fußball von Radeburg und auf Initiative der Fraktion Unabhängige Liste (ULR) beauftragte der Stadtrat im März 2011 die Strukturentwicklungsgesellschaft Sport und Tourismus GmbH (SEG) mit der Erstellung des Sportstättenentwicklungsplanes für die Stadt auf der Grundlage des Leitfadens für die Sportstättenentwicklungsplanung vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp). Nach einer Bestandsaufnahme sowohl hinsichtlich der vorhandenen Sportanlagen als auch hinsichtlich der Sportangebote, der Anzahl der Aktiven und des Schulsportes erfolgte eine Bedarfsanalyse bezogen auf die aktuelle Situation und auf den zukünftigen Bedarf unter Berücksichtigung der zu erwartenden Entwicklung der Einwohnerzahlen. Die Ergebnisse wurden den Vertretern von Sportvereinen und Schulen sowie dem Stadtrat in einer ersten Beratung am 18.10.2011 vorgestellt und diskutiert. Die Anwesenden wurden gebeten, Stärken und Schwächen des Sports in Radeburg zu formulieren und ihre Vorstellungen und Wünsche hinsichtlich notwendiger Veränderungen zu äußern, um darauf aufbauend eine Prioritätenliste notwendiger Maßnahmen erstellen zu können. Aus diesen Zuarbeiten wurde durch die SEG ein Maßnahmenkatalog erstellt. Eine Präsentation der Ergebnisse erfolgte in einer Beratung am 07.02.2012, zu der wiederum die Vertreter der Sportvereine, Schulen und des Stadtrates eingeladen waren. Ziel war es, einen mit Prioritäten versehenen konsensfähigen Maßnahmenkatalog zu erarbeiten, der kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen für die weitere Entwicklung der Sportstätten der Stadt Radeburg enthält.

Die Sportstättenbedarfsermittlung für die Stadt Radeburg nach dem Leitfaden des BISp ergab für 2011 Sportanlagendefizite bei Einfach-Sporthallen, Kegelsportanlagen und Schießsportanlagen. Dem stand ein Überangebot bei Kleinspielfeldern, Großspielfeldern, Bowlinganlagen, Reithallen und Reitplätzen gegenüber. Verschärfend kommt hinzu, dass zwei Sporträume, eine Einfach-Sporthalle, das Großspielfeld in Großdittmannsdorf und das Funktionsgebäude an der Jahn-Kampfbahn nur Bauzustandsstufe 3 besitzen, also als besonders mangelhaft anzusehen sind und auf Radeburg als Gastgeber kein gutes Licht werfen.

Zum Überangebot an Kleinspielfeldern gehört die an der Grundschule bereits geplante aber offenbar am Bedarf vorbei gehende Fläche, was die Dringlichkeit der Erarbeitung dieses Sportstättenentwicklungsplans nur unterstreicht. Das ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs, denn Baumängel gibt es noch mehr. Die Leichtathletikanlage an der Jahn-Kampfbahn verdient eigentlich den Namen nicht. Hier schlägt das Konzept vor, Leichtathletikanlagen am geplanten Kleinfeld der Grundschule zu konzentrieren. Wesentlich bleibt festzuhalten, das bei der Organisationsweise des Sports in Radeburg ein hoher Finanzierungsanteil jetzt schon bei der Stadt liegt – und zwar besonders bei den Anlagen, die den größten Handlungsbedarf aufweisen. Mittelumverteilung durch die Stilllegung von Überangeboten sind kaum möglich, da z.B. Bowlingbahnen und Reitanlagen in privater Hand sind und offensichtlich wirtschaftlich betrieben werden können.

Auch bei Sport- und Bewegungsaktivitäten außerhalb normierter Sportstätten ist vor allem die Stadt gefragt. Das betrifft Radwege, Reitwege, Laufmöglichkeiten in Parks und in der Natur und Möglichkeiten für den Rollsport, die jeweils sportartspezifische Ansprüche an die Wegqualität stellen, die eine Stadt wie Radeburg aber nur ganz beschränkt erfüllen kann. „Es ist finanziell und sport- wie kommunalpolitisch unmöglich,“ heißt es im Vorwort des Sportstättenkonzeptes, „jegliche Sportart, auch soweit sie in Vereinen getätigt wird, gleichrangig zu bedienen ... Zwingend erforderlich ist eine klare Festlegung der Prioritäten, ohne zukünftige Entwicklungen zu unterbinden.“ Vorrang hat aus kommunaler Sicht die Sicherstellung und Gewährleistung des Schulsports. An zweiter Stelle kommt, perspektivisch ein ausreichendes Angebot an Sportstätten für die Bevölkerung zur Verfügung stellen zu können. Dabei genießen Sportarten mit einer hohen Zahl an Aktiven Vorrang vor solchen mit einer geringeren Zahl und innerhalb der gleichen Sportart sind solche Sportstätten nachrangig, die weniger genutzt werden. Nur so ist eine effiziente Verwendung der beschränkten finanziellen, personellen und sachlichen Ressourcen überhaupt denkbar. Das setzt bei den Aktiven vor Ort ein Umdenken voraus und die Bereitschaft, völlig neue Wege in der Sportstättenentwicklung zu gehen.

Mit den neuen Wegen ist leider auch gemeint, dass es kaum möglich sein wird, alle Sportarten im bisherigen Umfang in allen Ortsteilen materiell sicherzustellen. Dies bedeutet für viele Einwohner einen weiteren Verlust an regionaler Identität. Während schon Urgroßvater, Opa, Vater und Sohn im örtlichen Verein Fußball spielten und auf Pokale in ihren Vitrinen stolz sind, werden Enkel und Urenkel in den zentralen Ort gehen müssen, um den traditionsreichen Sport weiter spielen zu können. Und es wird auch die Auflösung der dörflichen Sportvereine nach sich ziehen. Schon jetzt sehen die Planer neben den baulichen Problemen in der „Zersplitterung der Sportler in mehrere Vereine“ eine weitere Schwäche des Sports in der Gesamtgemeinde Radeburg. Letztlich ist aber der Anpassungsprozess in vollem Gange. In der Nachwuchsarbeit werden bereits seit längerer Zeit Spielgemeinschaften gebildet. Es gilt hier aber auch, im Sinne des vorher gesagten, nichts zu überstürzten. Ganz in diesem Sinne haben die Akteure in dem Prozess der Konzepterarbeitung auch zusammengearbeitet.

Der Maßnahmenkatalog fasst nun die Projekte der künftigen Entwicklung so zusammen, wie sie von den Beteiligten ermittelt wurden. Der Maßnahmenkatalog ist nicht statisch und vollendet, d. h. er muss kontinuierlich den Gegebenheiten angepasst werden. Dies gilt insbesondere für die zeitliche Zuordnung der Projekte, die sich im Wesentlichen an der jeweiligen finanziellen Situation der Stadt als auch an den Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von Fördergeldern orientieren wird. An erster Stelle stehen im Ergebnis der Beratungen

  • die Generalsanierung der „alten“ Sporthalle Grundschule, Realisierungszeitraum 2012-2013
  • die Herstellung der Außensportanlagen der Grundschule (Fördermittelantrag gestellt, Zuwendungszeitpunkt offen)
  • Sanierungsarbeiten an der Sporthalle Mittelschule (2014-2015)

Von „mittlerer Priorität“ sind

  • Sanierung Kleinspielfeld Mittelschule (nach 2015)
  • Sanierung / Neubau Funktionsgebäude am Sportplatz (ohne konkreten Zeitraum)
  • Sanierung / Neubau·4-Bahn Wettkampfanlage Kegeln (ohne konkreten Zeitraum)

Das Sportstättenkonzept wurde vom Stadtrat in der 28. Sitzung am 1. März einstimmig zur Kenntnis genommen und gilt künftig als Handlungsrahmen. Als Vertreter der besonders betroffenen Abteilung Fußball saß Uwe Drabe mit in den Beratungen. Gefragt nach seiner Zufriedenheit mit dem Ergebnis sagte er: „Das Positive ist, dass wir die Funktionsräume nun endlich in einer öffentlichen Planung haben. Dafür danken wir besonders der ULR, die unser Anliegen angenommen und sich engagiert hat. Ganz zufrieden können wir natürlich nicht sein. 2015 droht uns die Sperrung der Räume, was gleichbedeutend mit dem Aus für den aktiven Spielbetrieb ist. Da sind wir noch keinen Schritt weiter.“

Sportstätten sind, sofern sie nicht dem Schulsport dienen, keine kommunalen Pflichtaufgaben, sondern eher so etwas wie Ehrensache – ähnlich wie Bibliothek, Veteranenraum und Heimatmuseum. Die Stadt zahlt dennoch regelmäßig erhebliche Zuschüsse aus dem Haushalt. Aber nun sind anscheinend auf beiden Seiten, bei Kommune und Sportlern, Grenzen erreicht. Christian Damme warf in der Stadtratssitzung die Frage auf, ob man den Sportlern nicht vorher mal hätte sagen sollen, dass sie für die Nutzung der Sportstätten die niedrigsten Beiträge im ganzen Landkreis zahlen, um mehr Verständnis bei den Sportlern zu finden. Umgekehrt heißt nun die Frage, ob sich Radeburg diesen „Luxus“ noch leisten kann. Wenn doch, dann nur, wenn für derartige Vorhaben Fördermittel zur Verfügung stehen, was derzeit nicht absehbar ist. Aber immerhin ist dank des Sportstättenentwicklungsplanes nun ein Papier vorhanden, mit dem man gegebenenfalls einen Förderantrag fundiert begründen kann. 

 


weiterführende Links:

 


Kommentieren auf Gefällt mir!