Donnerstag, den 10. Mai 2012 12:04 Alter: 8 Jahr(e)

5. Kneipennacht in Radeburg - Wenig Neues – trotzdem viel Begeisterung

Kategorie: Radeburg und Umgebung

VON: KLAUS KROEMKE

Die Neuigkeiten hielten sich zwar diesmal in strengen Grenzen, trotzdem blicken alle Akteure vor allem auf eine großartige Resonanz zurück. Unter den klimatischen Bedingungen einer milden Sommernacht waren die Restaurationen rappelvoll – und zwar diesmal schon „beizeiten“. Hunderte kamen schon um 18 Uhr auf den Markt geströmt um sich das Spektakel des Maibaumstellens anzusehen – und sie taten gut daran, denn die Freude am „wohl schönsten Maibaum des Freistaates“ währte in Radeburg nur wenige Stunden.

Radeburgs stärkste Männer packen an...
Radeburgs stärkste Männer packen an...

...richten den Maibaum auf und...
...richten den Maibaum auf und...

Aber zunächst bedurfte es der stärksten Männer Radeburgs, der Schützen und der Feuerwehr, um den Baum ins Lot zu bringen und es brauchte auch noch etwas Fantasie und Mut, um den sich verhakenden Kranz hinterher in die rechte Position zu bringen.

Die Schützen schossen Salut, aber schützen konnten sie den Maibaum nicht. Das Maibaumstehlen ist eine alte deutsche Tradition, an deren Kenntnis es wohl in Radeburg mangelte. Die Tradition besagt, dass der Maibaum nur in der Walpuggisnacht, also in der Nacht nach dem Aufstellen, gefällt und gestohlen werden „darf“ - und zwar nach strengen Regeln.

  • Erstens müssen die Diebe in ihrer Gemeinde selbst einen Maibaum aufgestellt haben.
  • Zweitens darf keine Gewalt angewendet werden. Weder gegen Personen noch gegen den Maibaum. Der Baum darf also nur manuell umgelegt werden. Sobald ein Beschützer die Hand am Baum hat und die Worte spricht „der Baum bleibt da“ ist der Versuch vereitelt.
  • Drittens müssen die Diebe den Baum zu Fuß wegtragen, und zwar bis zum Ortsausgangsschild. Werden sie vorher von den Beschützern des Baumes eingeholt und diesen gelingt es den Baum zu berühren, gilt das gleiche wie unter Zweitens. Von der Ortsgrenze (Ortsausgangsschild) an gilt er als gestohlen.
  • Viertens dürfen die Diebe den gestohlenen Baum neben ihrem eigenen aufstellen – als „Schandmal“ für den Nachbarort.
  • Fünftens dürfen die Diebe eine „Auslösung“ verlangen. Diese wird meist in flüssiger Form entrichtet.

Regelkonform stahlen ein paar Jugendliche aus Ermendorf. - zwar nicht den ganzen Radeburger Baum, aber immerhin die Krone. Ihr Treiben kurz vor dem Morgengrauen wurde von Radeburgern beobachtet, die sich „zu müde“ fühlten, für nicht zuständig erklärten oder die einfach nicht wussten, wie einfach man den Diebstahl hätte verhindern können. Erst nach Redaktionsschluss für die Druckausgabe des RAZ kam die Krone zurück. Offenbar waren die „Spielregeln“ doch bekannt und die „Zappelbude“ war laut SZ für's Aufpassen verantwortlich. Die Auslöse soll in Form von 2 Kästen Bier gezahlt worden sein.

Zu den erwähnenswerten Neuigkeiten zählt außerdem, dass diejenigen, die in der 5. Jahreszeit „Narrenpolizei“ genannt werden, ihre Cocktails erstmals nicht in der „Quelle“, sondern in der Sturmklause im „Hirsch“ mixten. Das fehlende Platzangebot machten die Jungs mit Neuigkeiten auf der Cocktailkarte wett und als Zugabe gab es die Easy Dizzy Modenschau. Für gute Unterhaltung sorgten, wie schon im letzten Jahr, die Cross Blues Band im „Hirsch“ und die Dittsdorfer „Fristo Kids“ in der Weinstube. Im „Deutschen“ gabs Kneipenmusik mit „Big Ben“. Der Kulturbahnhof war diesmal auf dem Kelten-Trip. Schottische und Irische Folklore wurde mit Kurzvorträgen über diese Länder und ihre Getränke ergänzt.


Kommentar

5. Kneipennacht zeigt Überlebenswillen

Als Radeburgs Kneiper am Morgen des 1. Mai auf den Straßen die Besen schwingen, um ein paar „Rückstände“ der Kneipennacht zu beseitigen, sehen sie keineswegs missmutig drein. Auf Nachfrage bestätigen auch Händler, dass sie mit den nächtlichen Besucherströmen zufrieden waren. Auch wenn es sich nicht überall im Umsatz bemerkbar machte, so haben sich die 12 beteiligten Geschäfte doch einmal mehr bemerkbar gemacht. Seit über 20 Jahren behaupten sie sich unter den Bedingungen freier Marktkräfte, stemmen sich gegen die überlegenen Großmärkte und Ketten. Viele wenden sich schulterzuckend ab, dabei haben diese Geschäfte wirklich unsere Aufmerksamkeit verdient, denn ohne sie wäre die Innenstadt praktisch tot.

Überlebt haben sie, weil sie und auch andere sich immer wieder etwas einfallen ließen und dafür sorgten, dass Radeburg interessant und besuchenswert erscheint. Die fünfte Jahreszeit ist Radeburgs große Zeit. Wenn wir die nicht hätten... Klar, aber es gibt auch noch vier andere Jahreszeiten. Weinfest, Vogelscheuchenfest, Zille-Weihnachtsmarkt. All das waren bzw. sind Meilensteine, die Radeburg weitergebracht haben. Außerhalb des Faschings ist Radeburg anscheinend noch auf der Suche nach Traditionen. Die Besucher, die „Konsumenten“ der Feste strömen bereitwillig herbei, wenn es in der Stadt ein fest gibt. In einem Ort, wo praktisch jeder jeden kennt, ist das Interesse groß, sich einfach mal zu treffen und sich bei einem guten Tropfen oder einem profanen Bier zu treffen, zu quatschen und in der Gemeinschaft Spaß zu haben. Radeburg genügt sich da vollkommen selbst und braucht als Lockmittel keine große Kunst.

Das ist ein großes Plus für die „Macher“. Diese „garantierte Zuneigung“, der man sich in der City fast sicher sein kann, würden sich manche anderen Städte wünschen. Trotzdem haben es Veranstalter in Radeburg schwer. Auch Jens Böhme, als Vorsitzender des Kultur- und Heimat-Vereins, Veranstalter der Kneipennacht, wird ein Lied davon singen können. Sie leiden unter mangelnder Mitmachbereitschaft derer, von denen man Eigeninteresse erwarten müsste. Trittbrettfahrerei frustriert. Dazu kommen ein kompliziertes und teils nicht einmal für Anwälte und Steuerberater verständliches Vereinsrecht und hohe Hürden für Genehmigungen. Gerade für die Kleinunternehmen, die Familienbetriebe, die Selbständigen (die „selbst und das ständig“ sind) ist neben der Selbstausbeutung mit 12-Stunden-Arbeitstag die Belastung einfach zu groß. So fehlen eben vorgestern die Vogelscheuchen vor den Geschäften, gestern die geöffneten Geschäfte beim Weihnachtsmarkt, heute die lebendigen Schaufenster bei der Kneipennacht.

Es ist bedauerlich, weil es für die Presse deshalb nicht viel Neues zu berichten gibt. Es ist derzeit aber eben das Machbare. Nicht mehr. Nicht weniger. Das ist so lange nur bedauerlich aber nicht schlimm, so lange das Wesentliche bleibt – die Möglichkeit sich „mit der Stadt zu verabreden“ und vergnügliche gemeinsame Stunden zu erleben und zu genießen. Dafür Dankeschön, lieber Jens Böhme und lieber Kultur- und Heimatverein, danke den zwölf Geschäften und sechs Gaststätten für diese Möglichkeit.

K. Kroemke


Links:

Video Maibaumstellen:

www.facebook.com/video/video.php

Fristo KID in Keiligs Weinstube:

www.facebook.com/video/video.php

Kneipennacht-Webseite:

www.kneipennacht.eu


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