Mittwoch, den 01. August 2012 16:13 Alter: 7 Jahr(e)

Radeburg: Schwere Schäden durch Gewitterfallböe in den Ortsteilen

Kategorie: Radeburg und Umgebung

VON: KLAUS KROEMKE

Das Gewitter am Abend des 6. Juli 2012 zwischen Radeburg und Schwepnitz löste eine Gewitterfallböe (Downburst) über dem Bärnsdorfer Großteich aus. Bäume wurden umgeworfen, Masten geknickt und Dachziegeln abgetragen. Anwohner berichten, dass sich der Himmel violett färbte und auch, dass eine Wolkenformation in Form eines "Atompilzes" zu sehen war.

Unterschied zwischen Downburst und Tornado... In die Grafik (Quelle: TORNDACH) wurde der Großteich projiziert.
Unterschied zwischen Downburst und Tornado... In die Grafik (Quelle: TORNDACH) wurde der Großteich projiziert.

Fast identische Bilder wie dieses von Wikipedia, das einen Downburst beschreibt, sind auf Skywarn von diesem Ereignis zu sehen
Fast identische Bilder wie dieses von Wikipedia, das einen Downburst beschreibt, sind auf Skywarn von diesem Ereignis zu sehen

Nach Auskunft des Deutschen Wetterdienstes, der unser Material gesichtet hat, war das Ereignis ein "Bilderbuch-Downburst", eine so genannte Gewitterfallböe. Das Schadensbild, dem zufolge die Bäume um den Bärnsdorfer Großteich kreisförmig vom Gewässer weg weisen, deutet darauf hin, das das Ereignis genau über dem Gewässer seinen Anfang nahm. Im Rücken des Fallwindes, also in Richtung Fasanengarten, sind die Schäden deutlich geringer als in den anderen Richtungen. Wie beim Auskippen eines Wassereimers ist der „Niederschlag“ im Zentrum am heftigsten. Die Energie wird schockwellenartig nach außen getragen, wobei die Kraft sich jedoch abschwächt. Die „punktuellen“ Schäden in Bärnsdorfs Ortsmitte, im Bereich des Berbisdorfer Schlosses, in Cunnertswalde und an der Alten Dresdner Straße zwischen Moritzburg und Boxdorf lassen sich zu einem Ring zusammenfassen.

Es kam zu vereinzelten geringfügigen Dachschäden, ein Auto wurde von der Straße geschoben (siehe Bericht), Bäume und Telegrafenmasten wurden umgebrochen, bei Bäumen wurde "tornadotypisch" die Rinde abgeschält, der Baum im Fallen verdreht ("Korkenzieher-Bruch") oder der Baum wurde auseinander gerissen. Auch Sträucher wurden regelrecht aus dem Boden "geschraubt". Baumkronen flogen durch die Luft und landeten kopfüber im Gelände.

Im Radeburger Ortsteil Bärnsdorf und zwischen Bärnsdorf und Berbisdorf fielen reihenweise Bäume auf die Straßen und zwischen Bärnsdorf und Cunnertswalde auch auf die Schienen der Lößnitzgrundbahn, die erst Mitte Juli ihren Betrieb wieder aufnehmen konnte. Dutzende Bäume harren noch der Räumung. Waldwege und Wanderwege am Bärnsdorfer Großteich sind immer noch unpassierbar. Zwischen Großteich-Damm und Cunnertswalde ist nach wie vor Wüste. Grundeigentümer ist die Bundesvermögensverwaltung (BVVG).

Fakt ist, dass eine Superzelle über unserem Gebiet so mächtig war, dass sie das Potential zum Tornado hatte. Wie schon 2010 wurden auch einzelne "Trichter" (so genannte Funnels) beobachtet, die jedoch nicht bis zum Boden reichten. Obwohl es auch 2010 "nur" ein Todesopfer gab, ist das Ereignis diesmal jedoch deutlich glimpflicher abgelaufen. Damals hatten sich zahlreiche Trichter zu einem "multiplen Tornado" geformt, dessen Schneise ca. 10 km breit und mutmaßlich über 130 km lang gewesen war. Die Schneise, sofern man von einer solchen überhaupt sprechen kann, also die Linie mit signifikanten Schadensereignissen, war diesmal nur etwa 30 km lang.

Dennoch sehen die Tornadojäger von Skywarn.de hier eher das Werk eines Downbursts. Diese Ansicht teilt auch Andreas Friedrich, Tornadobeauftragter des Deutschen Wetterdienstes in Frankfurt, nach Sichtung unseres Bildmaterials.

„Downbursts werden leider oft mit Tornados verwechselt. Mitunter kommt es am Rande von Downbursts zu Verwirbelungen, so dass Schäden lokal auf einen Tornado hindeuten können,“ schreibt das Kompetenzzentrum für lokale Unwetter in Deutschland aufs einer Website www.tordach.org „Böenfront, Downburst und Tornado können speziell bei Superzellengewittern zusammen oder nacheinander von derselben Gewitterzelle gebildet werden,“ heißt es weiter. „Der Tornado ist dabei das speziellste und damit unwahrscheinlichste Ereignis, die Böenfront das allgemeinste und häufigste.“ Downbursts werden zwar am seltensten beschrieben, das liegt aber daran, dass sie oft mit den anderen Ereignisarten verwechselt werden und eine eindeutige Zuordnung nach dem Ereignis nur selten möglich ist.

Auch 2010 hatten sie lange an dieser Annahme festgehalten, bis Zeugen das Auftreten mehrerer zum Boden reichender Trichter eindeutig beschrieben. Vor allem der Bericht mehrerer Zeugen, die einen "Atompilz" beschreiben, sprechen allerdings diesmal tatsächlich für die Downburst-Theorie, da der aus einer Wolke fallende Trichter ein solches Aussehen hat. Bilder, die solche Wolkenformationen zeigen, findet man bei wetter-foto.de.

Downbursts sind für Schäden verantwortlich, die jenen von Tornados entsprechen können, aber in ihrer Summe diese sogar übertreffen, da die geschädigte Fläche größer ist. Dafür spricht, dass es keine eindeutige "Schneise" gibt. Eine besondere Gefahr stellen Downbursts für den Luftverkehr dar, da es in der Start- bzw. Landephase zu Abstürzen kommen kann, wenn das Flugzeug in den Downburst gerät. Ein größes Glück war wohl, dass sich gerade kein Flugzeug im Anflug auf den Dresdner Flughafen befand, der nur um ca. 3 km "verfehlt" wurde. Auch am Boden befindlichen Maschinen hätte der Downburst wohl einfach weggerissen.

Jedenfalls gehört auch ein Downburst zu den Wetterereignissen, die so heftig sind, dass man sich davor kaum schützen kann.


weiterführende Links:


Kommentieren auf Gefällt mir!