Freitag, den 25. Januar 2013 11:21 Alter: 7 Jahr(e)

Planungsverband zur Windkraft: Steuerung innerhalb des gesetzlichen Rahmens möglich

Kategorie: Dresdener Land und Umgebung

VON: KR

Spätestens im März will Sachsen seine Energieziele beschließen. In einer am 23. Januar veröffentlichen Pressemitteilung nimmt der Regionale Planungsverband zum Thema „Windkraft“ Stellung. Er ruft Gegner und Befürworter auf, sich die Vorgaben zueigen zu machen und Lösungen innerhalb dieses Rahmens zu suchen.

In einem ursprünglich vorgelegten Szenario hätten die Windenergieanlagen in der Rödernschen Heide vom Meißner Berg aus so ausgesehen.
In einem ursprünglich vorgelegten Szenario hätten die Windenergieanlagen in der Rödernschen Heide vom Meißner Berg aus so ausgesehen.

Der Regionale Planungsverband (RPV) Oberes Elbtal/Osterzgebirge ist verpflichtet, in seinem Zuständigkeitsbereich – das ist das Gebiet der Landkreise Meißen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und der Stadt Dresden - für die Errichtung von Windenergieanlagen Flächen planerisch zu sichern mit dem Ziel, dass überall außerhalb von Siedlungen die Errichtung von größeren Windenergieanlagen ausgeschlossen wird. Von Windkraftgegnern wird oft nicht verstanden oder nicht zur Kenntnis genommen, dass die Ausweisung von Flächen der einzige Weg ist, einem Wildwuchs von Windrädern zu verhindern. Gibt es keine solche Planung, können Windräder als so genannte „privilegierte Vorhaben“ nach BauGB § 35 überall errichtet werden. Die Gefahr ist so groß wie die menschliche Gier, denn mit Windrädern lässt sich – im Gegensatz zur ineffizienten Solartechnik – auch auf kleinen Flächen großes Geld verdienen.

Der Auftrag an die Regionalplanung besteht zuerst im Schutz der Bevölkerung vor dem Wildwuchs. Blockadepolitik erreicht gerade das Gegenteil. Fehlen geeignete Beschlüsse oder werden diese weiter verzögert, können Windkraftbetreiber ihre Baugenehmigung sogar auf dem Gerichtsweg durchsetzen.

Sollte der Freistaat in diesem Monat die Energieziele tatsächlich beschließen, ist der Planungsverband in Zugzwang. Er muss geeignete Flächen ausweisen und nachweisen, dass deren Umfang ausreicht, die durch die vom Freistaat vorgegebenen Ziele zum Ausbau der Windenergie zu erfüllen.

In diesem Sinne hat der Vorsitzende des Planungsverbandes Oberes Elbtal/Osterzgebirge Landrat Michael Geisler in einem Interview mit der Sächsischen Zeitung klargestellt: „In einem BGH-Urteil heißt es, dass bei der Beurteilung der Windkraftstandorte ausschließlich harte Fakten eine Rolle zu spielen haben. Erst zum Schluss ist das Kriterium lokale Akzeptanz gefragt.“ Und weiter sagte der Vorsitzende: „Stadtratsbeschlüsse nach dem Motto 'Wir wollen nicht!' wie in Großenhain oder Initiativen 'Wir wollen!' wie in Lommatzsch haben deshalb keine größere Bedeutung.“

Die sächsische Staatsregierung um Ministerpräsident Tillich prüft derzeit noch, ob es bei den im Entwurf des Energie- und Klimaprogramms vom Oktober 2011 enthaltenen 3.500 GWh Jahresenergieertrag aus Windstrom bleibt oder dieses Ziel doch eher nach unten korrigiert werden soll. Nach Berechnungen des Innenministeriums reichten schon die im alten Regionalplan von 2001 ausgewiesenen Gebiete nur für 60 Prozent des regionalen Anteils an den Klimaschutzzielen, die damals noch auf 1.150 Gwh/Jahr festgelegt waren. Das Innenministerium kritisierte an der Fortschreibung aus dem Jahre 2009 unter anderem deshalb, weil er einen Siedlungsabstand von 1000 m gewählt hatte. „Raumordnerisch viel zu hoch,“ urteilten die Ministerialbeamten. Der Verband sieht sich in einem „Zweifrontenkrieg“, weil ihn die Bürgerinitiativen nicht etwa in der 1000-m-Forderung unterstützen, sondern im Gegenteil 2000 Meter fordern.

Die Regionalplaner sehen sich zu unrecht der Kritik ausgesetzt und halten sich zu Gute, dass sie bereits 2003 einen „Teilregionalplan Windenergie“ erstellt hatten, der „mit einer solchen Umsicht erstellt worden war, dass er noch heute rechtlichen Bestand hat.“ Das ist derzeit ein großes Glück für die derzeit aufgrund des Drucks der Bürgerinitiativen nicht handelnden Kommunen, denn sonst wären die Windenergiebetreiber, die durch die Verzögerungen täglich viel Geld verlieren, schon längst bei den Gerichten.

Sachsen verfügt trotz seiner Binnenlage insgesamt über eine gute Windhöffigkeit. Die durchschnittliche jährliche Windgeschwindigkeit ist in der Lommatzscher Pflege mit 25 bis 29 km/h höher als in der Großenhainer Pflege (22 bis 25 km/h), so dass eine Bevorzugung von Lommatzsch, das auch erklärt hat, die Windkraft zu wollen, durchaus seine Berechtigung hat. Nur ob die Flächen dort ausreichen, hängt jetzt von der oben genannten Entscheidung des Freistaates ab.

Angesichts der Privilegierung der erneuerbaren Energien hat das Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit der Steuerung zwar prinzipiell eingeräumt, ihr aber auch enge Grenzen gesetzt. Im jüngsten Urteil vom Dezember 2012 wurde vorgeschrieben, dass wie folgt vorzugehen ist:

1. Ermittlung der räumlichen Ausschlusswirkung harter Tabukriterien, wie Siedlungsräume, Naturschutzgebiete oder Leitungen der technischen Infrastruktur.

2. Festlegung weicher Tabukriterien und Ermittlung ihrer räumlichen Ausschlusswirkung; hierzu zählen beispielsweise der Siedlungsabstand, Waldflächen oder Aspekte zum Schutz des Landschaftsbildes.

3. Überprüfung des Umfanges der verbleibenden Flächen hinsichtlich der Tatsache, ob damit genügend Raum für die Windenergienutzung verbleibt. Wenn dies der Fall ist, können im Zuge der Einzelfallabwägung weitere Einschränkungen im Zuge einer nachvollziehbaren und sachgerechten Abwägung erfolgen (z. B. aufgrund von Unterschieden in der Windhöffigkeit, Möglichkeiten der Netzeinspeisung, lokale Akzeptanz).

Verbleibt nach Abzug der harten und vom Planungsträger selbst gewählten weichen Tabukriterien nicht genügend Fläche zur Nutzung für die Windenergie, ist der Planungsträger gehalten, seine weichen Tabukriterien zu ändern.

Festgelegt sind durch das Wirtschaftsministerium derzeit als Eckpunkte: 2,5 Megawatt Leistung, eine Gesamthöhe von 170 Metern, eine Nabenhöhe von 120 Metern, ein Rotorblatt mit einem Durchmesser von 100 Metern und ein Ertrag von acht Gigawattstunden im Jahr und ein Mindestabstand zu Wohnhäusern von 500 m. Letzteres hält der Planungsverband auch für ein hartes Kriterium, auf der Grundlage objektiver Forschungen hätte man aber derzeit vor Gericht keine Chance, wenn man „willkürlich“ 1000 Meter durchsetzen wollte.

Insofern ist auch die in der Begründung zum Entwurf des Landesentwicklungsplans dargelegte und durch den Regionalen Planungsverband praktizierte Vorgehensweise keine Willkür, sondern der einzig mögliche Weg der Steuerung. Spielraum für den Regionalen Planungsverband besteht nur innerhalb dieses Rahmens. Diesen würde er aber VERspielen, wenn er sich zugunsten von Einzelinteressen in die eine oder andere Richtung außerhalb dieses Rahmens bewegen wollte.

Innerhalb des Spielraums aber möchte der RPV die verträglichste Lösung finden. Es müssen aber alle Partner bereit sein, Extrempositionen Pro und Kontra außerhalb dieses Rahmens zu verlassen.

 


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