Mittwoch, den 21. März 2012 21:51 Alter: 8 Jahr(e)

Was wird aus Schloss Berbisdorf?

Kategorie: Radeburg und Umgebung

VON: K.KROEMKE

Still war es geworden um Schloss Berbisdorf bei Radeburg, bis es sich Ende Februar in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zurück meldete, als die südwestliche Ecke des Schlosses in den Schlossgraben stürzte. Der Frevel ist nun für jedermann sichtbar.

Eingestürzte Südwestecke des Schlosses
Eingestürzte Südwestecke des Schlosses Berbisdorf bei Radeburg

Ob ein deffektes Fallrohr, anschließende Durchfeuchtung des Mauerwerks und Frost die Ursache für den Einsturz sind, darf bezweifelt werden.
Ob ein deffektes Fallrohr, anschließende Durchfeuchtung des Mauerwerks und Frost die Ursache für den Einsturz sind, darf bezweifelt werden.

Mögliche Ursache: Nässe und Frostaufbruch von unten - nach einem nicht beachteten Schaden am Fundament.
Mögliche Ursache: Nässe und Frostaufbruch von unten - nach einem nicht beachteten Schaden am Fundament.

Seit kurz nach der Wende steht das Schloss Berbisdorf nahe Radeburg leer und das ist in der Regel gleichbedeutend mit Verfall. Zuvor wurde das Gebäude als Lehrlingswohnheim der LPG „Johannes R. Becher“ genutzt und befand sich praktisch in deren Eigentum. Im Zuge rechtlich sehr fragwürdiger Deals wurde das Vermögen des Rittergutes und des dazu gehörigen Schlosses „privatisiert“. Während schon zu DDR-Zeiten an der denkmalgeschützten Substanz Frevel verübt wurde, ging es nun erst Recht bergab.

Die wechselnden Besitzer oder vermeintlichen Besitzer gaben sich die Klinke in die Hand oder nahmen selbige gleich mit. Wertvolles Interieur wurde mutmaßlich gestohlen, eine ernsthafte Verfolgung von mutmaßlichen Straftaten in diesem Zusammenhang hat es nie gegeben. Das einzige, was zwischenzeitliche Besitzer dem Schloss gutes angetan haben, war die Neueindeckung des Daches, da aber fehlender Putz an den Außenwänden nicht ausgebessert wurde, drang weiter Nässe und Feuchtigkeit in das Gebäude ein und schwächte die Bausubstanz weiter. Nach einem Sturm, so berichten Anwohner, sei ein Baum auf die ein bis zwei Meter überstehende tragende Plattform zwischen Graben und Schlossgebäude gestürzt. Seit dem seien zwei große Risse in dem Fundament zu sehen gewesen. Der Baum sei zwar beseitigt worden, aber den Rissen wurde offenkundig keine Beachtung geschenkt. Möglicherweise ist über diese Risse Wasser in das Gebäude eingedrungen, gefroren und hat bei dem extremen Frost das Mauerwerk weiter aufgesprengt, was bei Tauwetter dann zum Einsturz der darüber liegenden Wand führte.

Der Verfall des Schlosses bedeutet den Verlust des Wahrzeichens von Radeburgs Ortsteil Berbisdorf. Das Schloss hat als wahrscheinlich kleinstes Wasserschloss Europas ein ganz besonderes Alleinstellungsmerkmal, ist aber auch durch seine Architektur, seine Baugeschichte und durch die historische Stellung seiner wechselnden Bewohner ein Kulturgut von besonderem Rang. Wahrscheinlich wurde das Schloss im 16. Jahrhundert erbaut. Bereits 1666 wurde es durch Hans Siegesmund von Zeidler umgebaut und bestand dann aus einer dreiseitigen Anlage, in deren Mitte sich ein Hof befand. Diese Grundform ist noch heute erkennbar. Im 18. Jahrhundert erfolgten barocke Umbauten. Der vom Eingang linke Flügel endete gegen Osten in einem Renaissance-Giebel. Neben der Gutszufahrt wurde 1841 eine kleine Kirche angebaut. Im Jahr 1878 wurde der Innenhof durch Frau von Decken mit einem Glasdach verschlossen. Dadurch entstand der heute noch beeindruckende so genannte Glashof. Auf der Nordostseite des Schlosses wurde 1889 durch Otto Freiherr von Spoercken ein Turm errichtet, der die Türme des Schlosses Moritzburg nachempfindet. Spoercken war ein Freund von König Georg von Sachsen und väterlicher Freund von Thronfolger Friedrich August III, der ihn nachweißlich hier auch besuchte.

Der letzte Schlossbesitzer, Dr. Walter Große, kam bei einem Bombenangriff auf Dresden ums Leben und so stand das Areal nach dem Krieg relativ schnell Umsiedlern zur Einquartierung zur Verfügung. Durch die Bodenreform wurde das Rittergut parzelliert und das Schloss wurde 1949 Kinderheim und 1974 Lehrlingswohnheim. Zu DDR-Zeiten niemals geklärte Eigentumsfragen führten in Zeit nach der Wende zu einem Interregnum, durch das dem 'Schloss erheblicher Schaden zugefügt wurde.

Seit 2010 ist es nun im geordneten Besitz der baden-württembergischen Ventar Immobilien AG, die es als "letztes unsaniertes Wasserschloss in Deutschland" für eine halbe Million Euro zum Kauf anpreist. Die Decke ist zwar nun mit Spezialstützen abgestützt, aber da das Gebäude weiterhin Wind, Wetter, Vandalismus und weiterer Plünderung schutzlos ausgesetzt ist, befindet sich der Wertverlust weiter im freien Fall. Wie die „Sächsische Zeitung“ berichtet, soll das Gebäude trotz der Offerten derzeit nicht zum Verkauf stehen, da es „einen Interessenten“ gibt. Der dürfte jetzt über einen ordentlichen Preisabschlag verhandeln. Schon vorher war das Gebäude mit diesen Preisvorstellungen eigentlich unverkäuflich. Der kulturhistorische Wert ist zwar sicher ungleich höher, aber die auch ohne den Einsturz notwendigen Investitionen wären immens und kaum refinanzierbar gewesen.

Der Dresdner Architekt Thomas Hanselmann hat ein Konzept zur Sanierung des Schlosses erarbeitet, das zum Ziel hat, „die Schlossanlage in ihrer Gesamtheit wiederherzustellen.“ Im Schloss sollen pro Geschoss vier unterschiedlich große Wohneinheiten entstehen. Im Erdgeschoss sollen die Plattformen am Teich für einen attraktiven Wohnaußenbereich sorgen. Wohnqualität in den oberen Wohnungen soll durch den Anbau von Balkons erreicht werden. Im Dachgeschoss lassen sich noch zwei weitere Wohnungen unterbringen, die jeweils eine großzügige Dachterrasse erhalten. Die beiden Kavaliershäuser sollen nach Vorstellung des Architekten ebenfalls renoviert bzw. rekonstruiert werden. Um das Gesamtensemble des Rittergutes zurückzugewinnen, sollen die erhaltenswerten Gebäude zu Reihenhäusern umgestaltet werden, die in Richtung Schlosspark einen individuellen Gartenbereich erhalten sollen. Der Hof soll als Gemeinschaftsanlage mit Spielplatz, Grünanlage usw. von den Bewohnern von Schloss und Rittergut genutzt werden. Die Idee mag gut sein, jedoch setzt sie sich nicht von allein um.

„Für uns besteht kein Handlungsbedarf,“ erklärte Radeburgs Bürgermeister Dieter Jesse auf eine Anfrage während der 27. Beratung des Radeburger Stadtrates. „Der Schaden befindet sich innerhalb der Schlossanlage. Das ist Privatgelände.“ Darüber hinaus, so das Stadtoberhaupt, habe er die Untere Denkmalbehörde, also das Landratsamt, in Kenntnis gesetzt, die mitgeteilt hat, dass sie hier eingreifen wird. „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen,“ heißt es im Grundgesetz (Art. 14). Es ist leider immer wieder notwendig, Eigentümer an diesen Leitsatz zu erinnern, vor allem, wenn sie aussichtslos auf Profit spekulieren und dabei das Spekulationsobjekt selbst durch weitgehende Untätigkeit vernichten.

 


weiterführende Links:http://www.dresden-land.de/raz/archiv/0012/seite04.pdf%20


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